Abb. | Fig.: Mark van Yetter, o.T., 2016
Teil 1 | Part 1: Jenny Kropp
Jenny Kropp – was hängt an Ihrer Wand?
Seit letztem Sommer habe ich einen Schrebergarten mit einem kleinen Holzhäuschen, nur eine Viertelstunde von meiner Wohnung entfernt. Das Haus ist nur 24 Quadratmeter groß und viel passt nicht hinein, eine kleine Küche, ein winziges Badezimmer, ein Bettsofa, ein Schrank – und natürlich darf Kunst nicht fehlen. Das Bild an der Wand ist von Mark van Yetter, einem amerikanischen Maler, der im gleichen Jahr wie ich geboren ist, 1978. Seine Arbeiten habe ich 2017 in der Galerie Bridget Donahue in New York entdeckt, als ich dort für ein Jahr mit dem Atelierstipendium der Hessischen Kulturstiftung gelebt habe. Ich war sofort verliebt in seine Malerei, die mit einer so nonchalanten, surrealistischen Leichtigkeit daherkommt und dabei zugleich humorvoll und melancholisch, verspielt und ernsthaft ist. Da war zum Beispiel diese Serie aus leeren Alkoholflaschen mit fein gezeichneten, hintergründigen Etiketten, die in einem dramatischen Licht der Horizontalen lagen wie geheimnisvolle Zeugen der letzten Nacht oder gealterte Hollywoodstars. Ich hätte gern etwas gekauft, war aber knapp bei Kasse. Als etwa ein halbes Jahr später ein kleines Mark van Yetter-Gemälde als Jahresgabe im Kölnischen Kunstverein zu haben war, ergriff ich die Gelegenheit. An dem Motiv gefällt mir die picassoeske Gleichzeitigkeit von Profil und Front, sie verleiht dem Bild Bewegung, versetzt es in Schwingung. Und natürlich mag ich die herausgestreckte Zunge – und Rosa ist eine meiner Lieblingsfarben. Das Foto habe ich übrigens vor ein paar Wochen zufällig mit dem Handy aufgenommen. Eigentlich wollte ich nur meine Tochter und ihre Freundin als Schmetterlinge fotografieren und das Bild geriet eher zufällig in den Bildausschnitt. Aber genauso ist es doch: Die Kunst bettet sich ins Leben ein, ist einfach dabei, wie eine alte Mitbewohnerin, mit der man gern zusammenlebt. Mein Häuschen ist im Übrigen noch lange nicht fertig und zu dem Mark van Yetter werden in Zukunft wahrscheinlich noch mehr Bilder hinzukommen. Aber gerade gefällt es mir auch, wie es da alleine hängt und mit der rausgestreckten Zunge ein wenig die weißgebeizte Idylle stört. Die unfertigen Momente sind doch oft die schönsten.
Jenny Kropp (*1978 in Frankfurt am Main) arbeitet mit Alberta Niemann (*1982 in Bremen) seit 2008 als Künstlerinnenduos FORT zusammen. Sie lebt und arbeitet in Berlin. 2019 zeigte die Kunsthalle Gießen in Kooperation mit der Hessischen Kulturstiftung die Ausstellung „FORT. Undercover“.
Jenny Kropp – what’s hanging on your wall?
I’ve had an allotment since last summer, it has a small wooden house on it, and is just fifteen minuets away from my flat. The wooden house is only 24 meters squared, and not much fits inside it, just a small kitchen, a tiny bathroom, a sofa bed, a cupboard – and of course art. The painting on the wall is by Mark van Yetter, an American painter born in 1978, the same year as me. I first discovered his work at the Bridget Donahue Gallery in New York while I was living there for a year on a studio grant from the Hessische Kulturstiftung in 2017. I fell in love with his painting straight away, it has such a nonchalant, surrealistic lightness, and is both humorous and melancholic, and playful and serious at the same time. There was, for example, this series of empty alcohol bottles with finely drawn, enigmatic labels, lying in a dramatic horizontal light like mysterious witnesses to the night before or aged Hollywood stars. I wanted to buy something, but didn’t have enough money. About half a year later, a small Mark van Yetter painting was on sale as part of the Kölnischer Kunstverein’s Jahresgabe, so I jumped at the chance. I like the Picassoesque simultaneity of profile and front, it gives the picture movement, makes it pulsate. Of course, I also like the sticking out tongue – and pink is one of my favourite colours. I took the photo by chance with my mobile phone a few weeks ago. I actually just wanted to photograph my daughter and her friend being butterflies and the painting just happened to be in the frame. But that’s the way it is: art embeds itself into your life, it’s just there, like an old roommate you like living with. My little house is far from being finished, and more art will likely be joining the Mark van Yetter in the future. But right now I also like the way it is hanging there alone, with its tongue sticking out, disrupting the whitewashed idyll a little. Unfinished moments are often the most beautiful.
Jenny Kropp (*1978 in Frankfurt am Main) has been working with Alberta Niemann (*1982 in Bremen) as the artist duo FORT since 2008. She lives and works in Berlin. In 2019, Kunsthalle Gießen, in cooperation with the Hessische Kulturstiftung, presented the exhibition "FORT. Undercover".
Abb. | Fig.: Im Holzhäuschen des Schrebergartens von Jenny Kropp | In Jenny Kropp’s little wooden house on the allotment
Abb. | Fig.: Das Künstlerinnenduo FORT (links: Alberta Niemann, rechts: Jenny Kropp),
The artist duo FORT (left: Alberta Niemann, rechts: Jenny Kropp), Foto: Franziska Sinn
Kunsthalle Gießen I Berliner Platz 1 I 35390 Gießen
Telefon: 0641/3061040 I kunsthalle@giessen.de
Di–So: 10–18 Uhr
Der Eintritt ist frei.
Kunsthalle Gießen l Berliner Platz 1 l D-35390 Gießen/Germany
Telephone: +49 641 3061040 l kunsthalle@giessen.de
Tue–Su: 10–18 Uhr
Free entry.
© 2023 Kunsthalle Gießen l Impressum l Datenschutz